Typische Situation bei einem meiner regelmäßigen Freundinnen-Abende: Es wird getrunken, gegessen, gelacht und vor allem geklagt. Der Schulstress sei momentan wieder so groß! Mathe-Arbeit, Na-Wi Test und dann auch noch das Referat über Hieroglyphen. Puh, da wartet eine Menge Arbeit!
Allerdings nicht (nur) auf die zugehörigen Grundschulkinder, sondern genauso auf die Mamas. Zusammen lernen, Arbeitshefte durchschauen und Vokabeln abfragen gehören fast schon zum Standard Programm. Schwierig wird es, wenn dann noch Referate oder Vorträge dazu kommen, die zusätzlich Zuhause erarbeitet werden müssen.
Mamaherz vs. Schulkenntnis
Nun befinde ich mich als Lehrerin und Mutter immer in einem Zwiespalt. Einerseits kann ich meine KollgeInnen verstehen, die primär ihr eigenes Fach im Kopf haben und somit wenig Rücksicht auf die Anforderungen anderer Fächer nehmen können. Jeder Lehrer obliegt mit seinem Unterrichtsstoff nun mal einem Rahmenplan, dessen Inhalte er den Kindern vermitteln muss. Und auch wenn ich es früher nie glauben wollte: Es ist als Lehrer tatsächlich nicht immer möglich, sich mit Kollegen so abzusprechen, dass Klassenarbeiten und Tests der Reihe nach und nicht geballt hintereinander geschrieben werden.
Als Mutter ärgert mich das natürlich. Da passiert wochenlang gefühlt gar nichts und auf einmal weiß man vor lauter Tests nicht mehr, mit welchem Fach man anfangen soll. Schlechte Planung, denke ich mir dann. Besonders unerfreulich wird es, wenn wegen des schulischen Pensums die Hobbys am Nachmittag ausgesetzt werden müssen. Dieser Ausgleich fehlt meinen Kindern dann sehr, ist manchmal aber zeitlich einfach nicht möglich.
Unterstützen: Ja! Aber: Wieviel?
Natürlich stellt sich die Frage, inwieweit man sich als Eltern überhaupt in die „Schularbeit“ des eigenen Kindes einmischen und einbringen sollte. Letztlich kann das jede Familie nur individuell beantworten, denn manche Arbeitszeiten lassen eine umfangreiche Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag gar nicht zu.
Zu viel darf man dem Kind auch nicht abnehmen, denn dann hat es keinen Lernerfolg und wird bestimmte Arbeitsschritte auch in Zukunft nicht verstehen. Die Eigenverantwortung sollte dem Kind immer wieder verdeutlicht werden. Die eigene Leistung im Unterricht aktiv zeigen, mitmachen, verbessern. Anspornen und motivieren – das können und sollten wir Eltern täglich tun.
Trotzdem merke ich bei meinem Fünftklässler ganz deutlich, wenn er an seine Grenzen stößt. Da er einen Test verhauen hatte, meldete er sich in diesem Fach freiwillig für ein Referat. Prinzipiell eine tolle Idee. Schwierig wird es nur, wenn man selber nicht weiß, wie man ein Referat erarbeitet. Und hier kommt Mama ins Spiel.
Als Mutter habe ich nun zwei Möglichkeiten: 1. Ich gebe meinem Kind ein paar Tipps, wie es das Referat gestalten kann – und lasse es dann einfach machen. Hierbei besteht die Gefahr, dass der Lehrer vom Ergebnis nicht überzeugt ist und die vorherige schlechte Note somit nicht ausgeglichen werden kann. 2. Ich erstelle das Referat gemeinsam mit meinem Kind. Das kostet mich viel Zeit (und Nerven), dafür kann ich meinem Kind aber erklären, worauf es beim nächsten Mal achten soll. Da die Präsentation und der Inhalt in Ordnung sein werden, wird sicher auch die Bewertung positiv ausfallen.
Eine 1 für Mama
Also habe ich mich gemeinsam mit meinem Sohn hingesetzt und das Referat erarbeitet. Plakat gekauft, Buch besorgt, Bilder ausgedruckt, Text geschrieben, Text ausgedruckt, Vortrag geübt. Das Ergebnis: eine 1. Toll gemacht, da kann ich mir als Mama auf die Schulter klopfen. Aber was soll das eigentlich?
Genau an dieser Stelle (abgesehen von vielen anderen) ist unser Bewertungssystem absolut unfair. Als Lehrer muss ich doch erkennen, dass diese Arbeit offensichtlich von einem Erwachsenen stammt und nicht von meinem Schüler. Die Bewertung kann also gar nicht fair sein. Sie bevorzugt ganz offensichtlich denjenigen, der Zuhause Unterstützung erhält. Schere auf.
Eine Kollegin von mir blockierte einmal wochenlang den Schulflur mit ihrer Klasse. Ständig lagen dort Kinder auf dem Boden, malten an Plakaten und rannten zwischen Computerraum und Klassenzimmer hin und her. Als ich sie fragte, was sie dort eigentlich mache, antwortete sie: „Ich bringe den Kindern bei, wie man Plakate erstellt. Dann lernen sie, das zu präsentieren und am Ende wird ein Referat draus. Das Thema ist mir eigentlich egal, ich möchte ihnen nur beibringen, wie es erarbeitet wird.“
Lernen heißt üben heißt wiederholen
Genau so sollte Schule sein! Kindern Wege erklären, nicht gleich die Zielsetzung abfragen. Zeit geben, Methoden zu erarbeiten. Anleiten und ausprobieren lassen. Leider passiert das immer noch viel zu wenig. Als ich dieses Thema mal bei einem Elternabend meines Sohnes ansprach, antwortete die Lehrerin, Referate zu erstellen sei bereits in der 3. Klasse mit den Kindern geübt worden. Ach so, na dann…
Es wäre ja schön und so wunderbar einfach, wenn alle Lerninhalte fest in den kleinen Köpfchen verankert wären. Dann könnte man wie beim Nürnberger Trichter einfach alles Neue hinterherkippen und vielleicht wäre dann auch das Abitur mit 16 machbar. Realität und Lernpsychologie deuten allerdings auf andere Verfahren hin.
Somit bleiben Mama oder Papa in der Pflicht – wenn sie es denn leisten können. Sollten sich die Testsituationen allzu sehr häufen, würde ich dennoch das Gespräch mit dem Lehrer empfehlen. Manchmal ist ihnen das Arbeitspensum, welches die Schüler erledigen müssen, nämlich gar nicht bewusst. Besonders dann nicht, wenn sie vor Abgabe der Zeugnisse selber unter großem Druck stehen.
Als ich die Lehrerin meines Sohnes per email freundlich auf die übermäßigen Schulaufgaben hinwies, war genau dies ihre Antwort: Absprachen mit Kollegen seien manchmal schwierig, letzte Zensuren müssten für das Zeugnis ermittelt werden und die Referate seien schon vor Weihnachten verteilt worden. Aber sie werde sich bemühen, im kommenden Halbjahr mehr auf eine gleichmäßige Verteilung der Klassenarbeiten und Tests zu achten.
Na bitte, das ist doch schon mal ein Anfang. Und bis zu den nächsten Ferien ist es ja auch nicht mehr ganz so weit…
Wie macht ihr das bei euren Kindern? Helft ihr ihnen nach Bedarf, oder sitzt ihr vielleicht täglich mit ihnen an den (Haus-)aufgaben? Würdet ihr sagen, dass ihr unter Schulstress leidet? Das alles würde mich sehr interessieren und ich danke euch schonmal für eure Rückmeldungen über die Kommentarfunktion 🙂
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Dieser Artikel erschien als Gastbeitrag im Magazin Schule, Ausgabe 2/2019.
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