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Wochenbettdepression und Baby Blues ~ Die Last auf Mamas Schultern

Da war er endlich: Mein Sohn! Innerhalb von drei Stunden hatte er seine 4,3kg durch den Geburtskanal geschoben und mir somit eine kurze, aber intensive Geburt beschert. Seine Schwester war zu diesem Zeitpunkt 2,5 Jahre alt und ich hätte über meinen zweiten Nachwuchs nicht glücklicher sein können. Wenn ich mit irgendetwas nicht gerechnet hätte, dann mit einer Wochenbettdepression.

Kurz nachdem ich mit meinem Wonneproppen wieder Zuhause war fing es an. Obwohl ich mich so auf mein Baby gefreut hatte, konnte ich nur noch weinen. Die Tränen flossen und wollten einfach nicht aufhören. Dazu das Gefühl der völligen Überforderung, gemischt mit Antriebs- und Hilflosigkeit. Natürlich versuchte mein Umfeld, mich zu beruhigen. Das wird schon werden, das sind die Hormone, schlaf doch mal wieder. Gut gemeinte Ratschläge, aber leider nutzlos.

Achterbahn der Gefühle

Ich habe meinen Sohn von der ersten Sekunde an geliebt, gar keine Frage. Ein absolutes Wunschkind, das mein Familienleben komplett machen sollte. Umso größer war der Schock als ich feststellte, dass die Realität ganz anders aussah als ich sie mir vorgestellt hatte.

Was dann kam? Das Gefühl des Versagens. Da fühlt man sich schon schlecht, und dann macht man sich selber noch mit weiteren Vorwürfen klein. Keine Ahnung, warum das so ist, ich war meinem Gedankenkarussell jedenfalls hilflos ausgeliefert. Wenn ich mich zusätzlich deprimieren wollte, schaute ich in den Spiegel.

Dann sah ich jemanden, der mir vage bekannt vorkam. Dicke Augenringe, ungesunde Gesichtsfarbe, schlaffe Körperhaltung, einige Kilos zuviel. Alles völlig normal, wenn man gerade ein Baby entbunden hat, die Brust vom Stillen schmerzt und man als zweifach Mama auf einmal die doppelte Verantwortung trägt. Aber zum damaligen Zeitpunkt konnte ich das nicht so sehen. Die Wochenbettdepression hatte mich voll im Griff.

ICH bleiben

Was mir letztlich geholfen hat war die Zeit. Das hört sich profan an und ist sicherlich nicht für alle Mamas, die an einer Wochenbettdepression leiden, das richtige und vor allem ausreichende Mittel. Ich musste lernen, mich wieder selber zu spüren, meine Bedürfnisse wahrzunehmen. Das ist schwierig, denn natürlich möchte man eine gute Mutter sein, die sich sowohl während der Schwangerschaft, als auch mit einem Neugeborenen absolut dem Wohlergehen des eigenen Kindes unterordnet. Dabei verliert man sich selbst leicht aus den Augen.

Kleine Auszeiten wie Spaziergänge, ein Kaffee mit einer Freundin oder der Kauf einer neuen Bluse haben mir gut getan. Und mit diesem Schwung konnte ich dann auch wieder besser auf mein Baby und mein Kleinkind zugehen. In Mini-Schritten zurück zu einem Alltag, der zwar anstrengend, aber doch machbar war. Zu einem Körpergefühl, das ich zwar nicht positiv, aber zumindest neutral empfunden habe.

Absolut kein Einzelfall

Vielen frischgebackenen Mamas geht es gerade jetzt so, wie es mir damals ging. Als ich Lillis* Schilderungen las, fühlte ich mich sofort in meine dunklen Tage zurückversetzt:

Wochenbettdepression oder Baby Blues – ich weiß nicht in welches der beiden ich mein Empfinden einordnen soll. Aber eins weiß ich: Seit unsere Amelia da ist geht es mir nicht sonderlich gut. Sie ist jetzt zwei Wochen alt und ich bin schon am Ende meiner Kräfte.

Ich hatte einen Kaiserschnitt den ich nie wollte, weil ich wusste, dass genau das mit mir und meinen Gefühlen passieren wird. Mir fehlt die Bindung zu meinem Kind. Bitte versteht das nicht falsch, ich liebe mein Kind über alles und bin mega stolz auf sie. Aber gleichzeitig fällt es mir auch schwer, das Mama-sein zu akzeptieren. Alle ersten Erfahrungen hat mein Mann mit unserer Tochter durchlebt. Aber gerade für eine Mutter ist die Bindung direkt nach der Geburt doch das Wichtigste.

Hilflosigkeit nach der Geburt

Viele, die einen ungeplanten Kaiserschnitt hatten, werden mich und mein Gefühl bestimmt verstehen können: Das Gefühl, wenn man da liegt und merkt, wie das eigene Kind aus einem rausgeschnitten wird. Wenn man von der Hebamme hört, dass das Kind da ist, aber man sein Baby nicht sehen kann. Das Gefühl völlig hilflos zu sein, weil niemand einem sagt was los ist. Wo das Baby ist. Was mit dem Baby ist.

Dann bekommt man es 5 Minuten auf die Brust. Man kann es aber nicht anfassen, weil die Arme ja an der Liege befestigt sind. Das Gefühl, wenn das eigenen Baby einem wieder weggenommen wird und man es erst nach Stunden wiedersehen kann, weil man ja noch im Aufwachraum liegen muss. Im Krankenhaus selber kann man sich aufgrund des Kaiserschnitts nicht wirklich bewegen, und ist somit auch sehr eingeschränkt, was das Umsorgen und Kuscheln mit dem eigenen Kind angeht. Das erste Wickeln, das erste Anziehen, das erste Mal in den Armen halten. All diese Erfahrungen kann man nicht wirklich selber miterleben. Natürlich klappt das dann bei mir auch mit dem Stillen nicht so richtig, weil einfach diese Bindung fehlt.

Selbstvorwürfe und Selbstzweifel

So beginnen dann die Selbstvorwürfe. Nicht in der Lage zu sein, sein eigenes Kind richtig versorgen zu können. Die Selbstzweifel, ob das alles so richtig ist, ob das wirklich der richtige Weg war. Die Unsicherheit darüber, warum nicht die Gefühle für das Baby aufkommen von denen alle anderen Mütter immer reden.

Man fängt an sich zu fragen, ob man eine gute Mutter ist. Die Scham darüber, dass der eigene Mann einem helfen muss auf Toilette zu gehen oder duschen zu gehen, sich zu waschen oder nur mal eben Zähne putzen. Die Hilflosigkeit, wenn das Kind nachts anfängt zu schreien, man aber nicht schnell genug aufstehen kann um sich darum zu kümmern. Die Angst davor, dass andere schlecht über einen denken, wenn man zugibt, dass man keine Kraft mehr hat. Dass man mit den Nerven am Ende ist.

Was hilft?

Ich habe erst nach zwei Wochen zu Hause sein geschafft, mit meiner Hebamme über meine Wochenbettdepression zu reden. Dann mit meiner Schwester, dann mit meiner Mutter. aber ich habe es noch nicht geschafft mit meinem Mann darüber zu reden. Aber er weiß, dass es mir nicht gut geht und versucht alles, damit ich mich besser fühle. Teilweise saß ich jede Nacht tränenüberströmt mit unserem Kind auf dem Sofa und habe mir Vorwürfe gemacht.

Darüber zu reden hat ein bisschen geholfen. Aber ganz weg sind die Gefühle noch nicht.

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*Name geändert

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