Zu jedem Ferienbeginn ist es hier das gleiche Spiel: „Mama, mir ist langweilig!“ tönt es aus dem Kinderzimmer meines Sohnes. Meine Antwort ist immer die gleiche: „Na und? Ist doch super!“ Meiner Meinung nach gibt es keinen besseren Motor für Kreativität als eine gute, gepflegte Langeweile!
Stress im Alltag
Während der Schulzeit stehen die Kinder unter Dauerstrom. Der Schultag umfasst so viele Schulstunden, wie die kleinen Köpfe gerade noch verarbeiten können (wenn überhaupt). Danach noch die Hausaufgaben erledigen, vielleicht für einen Test lernen und dann schnell ab zum Nachmittagsprogramm.
Egal ob Hobby oder gemeinsames Spiel mit Freunden: Irgendetwas ist immer los. Dagegen ist ja auch nicht unbedingt etwas zu sagen, denn Hobbys können sowohl zum physischen, als auch zum psychischen Ausgleich der Kinder beitragen. Und freie Spielzeit zusammen mit einem oder mehreren Freunden ist ohnehin mit das Schönste, was es nachmittags geben kann. Langeweile kommt da natürlich nicht auf.
Die Ferien
Anders sieht es in der Ferienzeit aus: Der Vormittag ist frei, die meisten Hobbys ruhen in den Ferien und auch die Freunde sind nicht so verfügbar, wie man es sich wünschen würde. Selber verreisen ist auch nicht immer möglich und so kommt (zumindest mein Kind) relativ schnell an seinen persönlichen „Mir ist laaaangweilig“ Punkt.
Tja, was macht man als Mama mit so einer Aussage?
Nicht immer hat Mama Zeit, ein abwechslungsreiches Ferienprogramm für den Nachwuchs zu erarbeiten. Wie soll das auch gehen, wenn man außer Haus arbeitet und die Betreuung der Kinder während der Ferien ohnehin schon schwer zu organisieren ist. Man könnte es sich und dem Kind natürlich leicht machen, und auf die Hilfe von technischen Geräten setzen. Ausgestattet mit Tablet oder einem schönen Kinderfilm wäre auf absehbare Zeit erstmal Ruhe mit dem Gequengel. Das Kind freut sich und ist beschäftigt, Mama kann endlich anstehende Arbeiten erledigen. Eine klassische win-win Situation.
Oder aber man macht gar nichts. Überlässt das Kind einfach sich selbst und seiner Langeweile und wartet ab, was dabei herauskommt. Nicht ignorieren, das ganz sicher nicht. Vielmehr das Kind mit ein paar auffordernden Worten motivieren, sich selber etwas gegen die Langeweile auszudenken. Aus meiner Erfahrung mit vier Kids kann ich euch sagen: Da kommt fast immer etwas ganz Tolles bei heraus!
Das eigene Tempo
Damit meine ich jetzt nicht die Wandmalereien von Kleinkindern, die auch bei mir gern mal durch meine Zwillinge in unbeobachteten Zeiten entstehen. Sondern vielmehr wirklich kreative Ideen, die sich erst aus einer entspannten Situation heraus entwickeln können.
Langeweile fördert die Auseinandersetzung mit sich selbst. Was kann ich tun, um mir die Zeit zu vertreiben? Ohne äußere Impulse, sondern nur aus meinen Gedanken heraus? Ganz in Ruhe und in seinem eigenen Tempo kann das Kind Dinge ausprobieren, auf die es sich unter stressigen Umständen nicht einlassen würde. So entfaltet sich kreatives Handeln.
Dabei kann es auch vorkommen, dass erstmal 10 Minuten lang gar nichts passiert. Mein Sohn starrt gerne eine Weile die Wand an, bevor er anfängt, eine Idee umzusetzen. Aber diese Idee konnte nur durch die vorige „Denkpause“ entstehen. Das Bild dieses Beitrags ist dafür ein gutes Beispiel. Nach einiger Zeit des Klagens über die unerträgliche Langeweile, die er empfand, setzte er sich hin und begann mit seinen Bausteinen zu bauen. Die Steine hatten die letzten Wochen unbeachtet vor sich hinvegetiert. Viel zu sehr war er mit anderen Dingen beschäftigt gewesen.
Kreativ werden durch Langeweile
Nun fing er an, verschiedene Konstruktionen zu entwerfen. Nie war er mit seiner Arbeit zufrieden, immer wieder riss er sein Gebautes nieder. Dabei saß er neben mir auf dem Boden, war hochkonzentriert und auch nicht unglücklich darüber, dass ihm sein Werk nicht so recht gelingen wollte. Vielmehr schien es mir, als ob er sich durch den ständigen Wiederaufbau ganz langsam an die Vision herantastete, die in seinem Inneren Gestalt angenommen hatte.
Nach einer halben Stunde war es endlich soweit. Er tauchte auf aus der Welt, in die er vorübergehend versunken war. „Guck mal, Mama, ich bin fertig!“ Der Wahnsinn, so ein Meisterwerk hatte ich noch nie von ihm gesehen! Riesengroß, deutlich als Figur erkennbar und dabei offensichtlich auch statisch reichlich ausgetüftelt. Ich fand es toll und lobte ihn ausgiebig. In seinem Gesicht sah ich deutlich die Freude: Zum einen über Mamas Lob. Zum anderen (und das finde ich noch viel wichtiger) darüber, dass er es geschafft hatte, seinen Entwurf in die Tat umzusetzen. Er war stolz auf sich!
Langeweile auch mal aushalten
Für Kinder kann Langeweile ein wunderbarer Motor für Kreativität sein. Und auch wenn nicht immer etwas Sichtbares entsteht, ist das ungestörte Schwelgen in den eigenen Gedanken doch eine wichtige Erfahrung für Kinder.
Wir Eltern sollten lernen, die Langeweile unserer Kinder auszuhalten. Nicht immer und sicherlich auch nicht, um eine Auseinandersetzung oder Beschäftigung mit ihnen zu vermeiden. Vielmehr in dem Bewusstsein, dass wir ihnen mit diesem Umgang des „Nichts-tuns“ eigentlich sehr viel ermöglichen.
Auch meine Kinder bekommen ab und an das Tablet und natürlich gucken wir auch alle gemeinsam mal einen schönen Familienfilm. In der richtigen Dosis ist dagegen ja auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Sie sollen den Umgang mit diesen Medien lernen! Wichtig ist nur, dass sie nicht zur Dauerbeschallung eingesetzt werden und somit sämtliche eigene Gedanken im Keim ersticken.
Zumindest in meiner Familie wären ohne Langeweile viele Höhlen und Türme nicht gebaut worden, viele Bilder und Kunstwerke nicht entstanden. Das hätte ich sehr schade gefunden. Und darum wird es bei mir auch beim nächsten Mal heißen: „Dir ist langweilig? Dann mach was Schönes draus!“
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