Wo ist meine Trillerpfeife? Herrje, es geht wieder los. Die Arena ist eröffnet und meine beiden Streithennen habe ihren Kamm aufgestellt. Geschwisterstreit ist nervig. Streit unter Zwillingen ist ein unlösbares Enigma. Zumindest dann, wenn Mama den Schiedsrichter spielen soll.
Ja, sie können auch schön zusammen spielen. Mit ihren fünf Jahren haben meine Zwillingsmädchen viele soziale Kompetenzen im Eiltempo gelernt. (Vernünftig) miteinander reden gehört dazu. Den anderen (manchmal) ausreden lassen ebenfalls. Und auch das Hauen der anderen wird (meistens) nicht mehr benutzt, um den eigenen Willen durchzusetzen. Läuft also bei uns. Zumindest manchmal…
Denn mit fünf Jahren ist auf der Skala der sachorientierten Kommunikation natürlich noch Luft nach oben. Viel Luft. Und wenn zwei sich streiten und so gar nicht miteinander einigen können, dann kommt eine übergeordnete Instanz ins Spiel. Der Schiedsrichter, auch genannt Mama.
Geschwisterstreit – Der Klassiker in jeder Familie
Diese undankbare Rolle kenne ich schon von meinen älteren Kindern, denn wie ihr wisst sind wir ja eine sechsköpfige Großfamilie. Die großen sind mittlerweile 15 und 13 Jahre alt und streiten nach wie vor wie die Kesselflicker. Klar, das bleibt bei Geschwistern ja auch nicht aus. Zudem trainiert diese Reibung in sicherer Umgebung auch ihre sozialen Kompetenzen außer Haus. Denn wer nie eine ordentliche Streitkultur gelernt hat, der wird es später in privaten oder beruflichen Auseinandersetzungen schwer haben.
Der Vorteil vom Streit zwischen Geschwistern (nicht Zwillingen) ist der, dass sich die Kinder altersmäßig auf verschiedenen Ebenen befinden. Natürlich verursacht diese Tatsache auf häufig Konflikte, z.B. wenn gebaute Türme vom kleineren umgeschmissen werden oder die geschlossene Tür in der Pubertät nicht respektiert wird. Beide Dramen habe ich in den letzten 15 Jahren mit meinen Kindern schon erlebt, man darf sie durchaus zu den Klassikern des Geschwisterstreits zählen.
Doch der Altersunterschied hat auch Vorteile. Mir als Mutter ist es häufig leichter gefallen, für das eine oder andere Kind Partei zu ergreifen und den Konflikt zu lösen. Der Turm wurde umgeworfen? Das wollte der Zwerg nicht, war keine Absicht. Komm, wir bauen ihn zusammen wieder auf. Oder auch: Du sollst nicht in ihr Zimmer gehen, wenn sie die Tür geschlossen hat. Deine Schwester möchte ein bisschen Privatsphäre haben und du magst es ja auch nicht, wenn ich einfach in dein Zimmer getrampelt komme.
Die Fronten sind klar und Mutti fühlt sich kompetent. Problem erkannt, Problem gelöst. Check!
Geschwisterstreit – eingreifen oder nicht?
Bei Zwillingen ist das anders, denn sie befinden sich auf der genau gleichen Ebene. Dadurch ist es für mein Empfinden oft schwieriger, den Streit zu schlichten. Jede hat ihre guten Gründe und oft sind das genau die gleichen. Wie soll ich mich also positionieren, wenn ich beide voll und ganz verstehen kann?
Nun kann man sich fragen, ob man sich als Eltern in einen Geschwisterstreit überhaupt einmischen sollte. Partei ergreifen für ein Kind führt zwangsläufig dazu, dass sich das andere missverstanden fühlt. Doch abhängig vom Alter ist es in einigen Situationen durchaus nötig, die Position eines Kindes zu stärken und es in der Auseinandersetzung mit dem Geschwisterkind zu unterstützen. Gerade kleine Kinder können sich noch nicht so ausdrücken, wie es die Situation erfordern würde. Daraus entsteht Frust, der sich auch körperlich durch Hauen, Treten oder Beißen entladen kann.
Das kann eine ganz normale Entwicklungsphase sein, die aber irgendwann überwunden werden sollte. Der Begriff „Streitkultur“ macht ja schon deutlich, dass Streiten gelernt werden muss. Kinder müssen lernen, Konflikte auf verbaler Ebene auszutragen, nicht auf körperlicher. Als Erwachsene sollten wir uns hier deutlich unserer Vorbildrolle bewusst sein. Wenn wir bei Auseinandersetzungen ruhig bleiben und sachlich argumentieren können sich unsere Kinder unser Verhalten abschauen und werden es mit hoher Wahrscheinlichkeit im späteren Leben selber umsetzen können. Nichts ist so einprägsam wie das Lernen am Modell.
Lieber Coach als Schiri
So achte ich bei jedem Geschwisterstreit darauf, die Balance zu wahren. Nicht permanent ein Kind zu unterstützen und das andere für sein Verhalten zu maßregeln. Statt Schiri bin ich lieber Coach, der versucht sein Team als Einheit auf den richtigen Weg zu führen. Das finde ich weitaus wichtiger, als einzelne Aussetzer zu reglementieren.
Und so bewegen wir uns Schritt für Schritt in Richtung Streitkultur. Knallende Türen und vor Wut verzerrte Gesichter gehören dazu. Kinder sind voller Emotionen und haben ein Recht darauf, diese erleben zu dürfen. Der Umgang mit unseren Gefühlen ist wohl einer der schwierigsten Prozesse, den wir alle in unserem Leben durchlaufen. Geschwisterstreit ist dafür ein wunderbarer Trainingsplatz, auf dem geübt, ausprobiert, gescheitert und gewonnen wird. All das unter liebevoller Anleitung der Familie.
Und manchmal – aber wirklich nur manchmal – mit einem extra lauten Pfiff aus Mamas Trillerpfeife.
Wie haltet ihr das mit dem Geschwisterstreit? Können eure Kids auch schön zusammen spielen, oder kracht es wirklich nur? Ich bin gespannt auf euer Feedback direkt in den Kommentaren!
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